Ein Leben als Rettungshund

Hallo ich heiße Filou, bin ein Pfeffer-Salz Riesenschnauzer und wurde zum Rettungshund ausgebildet. Geboren wurde ich im schönen Ostfriesland im Zwinger „Vom Brambusch“. Mit 12 Wochen bin ich dann vom Norddeutschen zum Süddeutschen mutiert. Ich wohne jetzt in Alzenau am Fuße des Spessart, was zwar zu Bayern gehört, aber nördlich des Mains liegt.

Da mein Herrchen meinte, dass ich mehr als ein Familienhund sein sollte,

haben wir im Hundesportverein nach der BH Prüfung mit der Ausbildung zum Schutzhund begonnen.

Nach einiger Zeit haben wir gemerkt, dass das für uns beide nicht die richtige Herausforderung war. Also suchten wir nach etwas anderem. An der Schutzhundeausbildung hatte uns am besten die Fährtensuche gefallen. Bei der Suche nach etwas Ähnlichem sind wir auf den „Rettungshund“ gekommen. Die richtige Gruppe gefunden haben wir bei der DRK Rettungshundestaffel zuerst Babenhausen und jetzt Odenwaldkreis – gerade noch rechtzeitig, denn die Ausbildung zum Rettungshund kostet Herr und Hund viel Zeit und Mühe. Deshalb haben viele Staffeln eine Altersobergrenze von 3 Jahren, die ich inzwischen überschritten hatte.

Aber nach dem ersten Kennenlernen haben die Staffel und wir uns von Anfang an gemocht und wir haben voller Eifer mit der Ausbildung begonnen. Jetzt fragt ihr euch sicher, was macht denn ein Rettungshund und wie wird man zum Rettungshund. In erster Linie geht es darum, dass man ein Team bilden muss. Ich muss mein Herrchen – meinen Hundeführer – verstehen und seinen Kommandos vertrauen und ihnen folgen. Der Hundeführer muss seinen Hund verstehen und wissen wie weit er mit ihm gehen kann.

Da es die unterschiedlichsten Notfälle gibt, in die ein Mensch geraten kann, gibt es auch ganz unterschiedliche Kategorien in der Ausbildung zum Rettungshund:

  • Flächensuche
  • Trümmersuche
  • Mantrailer
  • Lawinensuche
  • Wassersuche (eine erst vor wenigen Jahren neu eingeführte Suchdisziplin)

Das letzte kam für mich nicht in Frage, da ich gelinde gesagt keine Wasserratte bin und nur ins Wasser springe, wenn Herrchen einen Stock darin „verloren“ hat. Sonst ist Schluss, wenn der Bauch nass wird! Auch die Lawinensuche war nicht so interessant, da die Lawinen bei uns im Spessart sich auf Dachlawinen begrenzen. So haben wir die Ausbildung zum Flächen- und Trümmerhund begonnen.

Mein Herrchen hat mir erklärt, dass wir zwar seit Jahrtausenden als Haus- und Arbeitstier den Menschen dienen, aber dass wir erst seit dem 19. Jahrhundert als Rettungshund eingesetzt werden. Der Urahn der Rettungshunde ist sicher der Bernhardiner Barry (der mit dem Fässchen um den Hals), der zwischen 1800 und 1812 über 40 Menschen das Leben gerettet haben soll. Erst im Ersten Weltkrieg begann dann die Karriere der Rettungshunde in Form von Sanitätshunden, die beim Aufspüren verwundeter Soldaten geholfen haben. Der Trümmerhund erlangte dann im Zweiten Weltkrieg traurige Bedeutung bei der Suche nach vermissten und verschütteten Personen in zerbombten Gebäuden.

Doch damit sei genug erzählt aus der Geschichte! Auf dem Bild ist dargestellt, wie viele unterschiedliche Hunderassen sich in einer Rettungshundestaffel tummeln. Unsere Staffel im Odenwaldkreis verfügt zurzeit über 8 geprüfte Teams für die Flächensuche und 3 geprüfte Teams für Trümmereinsätze. Mit Stolz kann ich sagen, dass ich in beiden Disziplinen dazu gehöre. Außerdem haben wir noch ein geprüftes Mantrailerteam.

Die Anzahl schwankt, da eine Prüfung alle zwei Jahre wiederholt werden muss und manchmal bei Ablauf der Gültigkeit die Prüfung noch nicht wiederholt wurde. Man darf auch eine nichtbestandene Prüfung nur etliche Male wiederholen. Die Regeln sind zu Recht sehr streng, da der Hundeführer auf das Ergebnis seines Hundes absolut vertrauen muss. Ein geprüfter Hund wird auch einmal von einem Einsatz ausgeschlossen, wenn er offensichtlich „schlecht drauf“ ist

Nicht jede Rasse und nicht jeder Hund eignet sich gleich gut zum Rettungshund. Aber als ich in meinem „reifen Alter“ von 3 Jahren begonnen habe, habe ich mich von Anfang an gut gemacht und durfte schon nach 2 Monaten zum RET (Rettungshunde Eignungstest) antreten. Wie der Name schon sagt, wird bei diesem geprüft, ob man als Hund zur Rettungshundeausbildung geeignet ist. Es werden spielerisch die verschiedensten Eigenschaften geprüft:

Als Rettungshund muss man sich positiv anreizen lassen können. Dies wird geprüft, indem man im Kreis von einer Person zur andere zum Spielen geschickt wird.

Als Rettungshund darf man nicht ängstlich sein. Dies wird geprüft, indem man an einer laufenden Kettensäge (natürlich ohne Kette) ohne Scheu vorbei läuft und unter einem flatternden Betttuch hindurchgeht, ohne sich ablenken zu lassen.

Eine weitere Prüfung auf Schreckhaftigkeit besteht darin, dass man zwischen brennenden und rauchenden Ästen hindurch läuft …
… oder über eine Strecke aus unterschiedlichen und ungewöhnlichen Untergründen wie zum Beispiel Wellblech.
Als Rettungshund muss man gut sozialisiert sein, da man auf der Suche oft mit seinen Hundekollegen zusammenarbeiten muss. Dies wird geprüft, indem man einen engen Slalom durch die anderen Prüflinge läuft: sowohl mit seinem Hundeführer als auch mit einer fremden Person.
Als Rettungshund muss man seine Gewandtheit nachweisen. Dies wird an Geräten abgeprüft, wie man sie auch vom Hundesportverein kennt (Brücke, Tunnel,…) .
Als Rettungshund muss man sich von fremdem Personen anfassen lassen. Dazu hat mich eine fremde Person über 10 m zu meinem Hundeführer zu tragen – was bei meinen 35 kg schon etwas Muskelkraft erfordert.
Zuletzt muss der Rettungshund signalisieren können, wenn er eine Person in Not gefunden hat. Dazu gibt es bei einem Verweistest verschiedene Verfahren. Am häufigsten geschieht dies durch Bellen bei der Suchperson.

Dies alles habe ich bravourös zusammen mit meinem Mitprüfling – dem Border Collie Mato – und seiner Hundeführerin Judith beim Test in Kirrberg am 8.März 2015 bewiesen

Jetzt konnte die Ausbildung fortgesetzt werden, die dann in einer Prüfung enden soll. Aber noch ein paar Worte zum Hundeführer. Auch er muss sich ordentlich anstrengen. Denn neben der Grundvoraussetzung, zum Beginn der Ausbildung einen gültigen Erste Hilfe Kurs vorweisen zu können, muss er bis zur Prüfung folgende Ausbildungen durchlaufen haben

  • Sanitätskurs mit Prüfung
  • Sprechfunkkurs mit Prüfung
  • 5-teilige Helferausbildung
  • Orientierungs- und Kartenarbeit
  • Organisation und Einsatztaktik des Rettungshundeteam-Einsatzes
  • Verhaltensgrundsätze beim Transport von Hunden
  • Unfallverhütung / Sicherheit im Einsatz
  • Erste Hilfe am Hund
  • Kynologie

Wenn wir uns dann endlich zur Prüfung anmelden, muss mein Herrchen dann noch einmal in einer schriftlichen Prüfung nachweisen, dass er das gelernte nicht schon wieder vergessen hat.

In meinem Prüfungsteil muss ich dann zuerst nachweisen – egal ob es eine Flächen- oder eine Trümmerprüfung ist – dass ich meinem Herrchen gehorche. Dies läuft ähnlich ab, wie die Unterordnung bei VPG 1 :

  • Sitz – Platz – Steh aus dem Lauf
  • Abrufen
  • Voraus schicken
  • Gruppe
  • Ablegen …

Im zweiten Schritt muss ich zeigen, dass ich eine ordentliche Anzeige einer gefundenen Person mache. Dazu schickt mich mein Herrchen auf Sicht zu einer fremden Person, die auf einer ISO-Matte liegt. Dort angekommen signalisiere ich dies durch lautes Bellen meinem Herrchen. Wichtig ist dabei, dass ich die gefundene Person nicht bedränge oder auch nur berühre. Leider bin ich beim Bellen immer so eifrig, dass ich meine Suchperson dabei etwas anspucke. Aber zum Glück gibt es dafür aber keine Minuspunkte: Hauptsache Person gefunden!

Als dritter Teil, muss ich in die Ablage: natürlich so, dass ich mein Herrchen nicht sehen kann. Auch dafür muss ich mich ordentlich anstrengen.

Im vierten Teil der praktischen Prüfung muss ich mich wie beim RET von einer fremden Person zu meinem Herrchen tragen lassen.

Bei der Trümmerprüfung kommt dann noch der Nachweis, dass ich die unterschiedlichsten Hindernisse überwinden kann:

Wippe
Fassbrücke

Leiterbrücke: Bei der Leiter bin ich nicht gerade ein Ass. Meine Hundekollegen Malinois und Border Collie und andere leichtfüßige Hunde sind mir dabei über. Aber für mein Herrchen tu ich alles und wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

Tunnel

Dann kommt der letzte und wichtigste Schritt. Ich muss eine bis zu mehrere Personen finden: entweder in der Fläche (meist im Wald) oder in einem Trümmergelände. Was man vielleicht noch erwähnen sollte: da ich als Hund zur Suche allein oder in einer Gruppe mit anderen Hunden durch den Wald geschickt werde, darf ich mich nicht durch ein aufgeschrecktes Reh oder Wildschwein in meiner Suche ablenken lassen.

Die Suche läuft dann folgendermaßen ab:

  • Mein Herrchen zieht mir eine Kenndecke an die mehreren Zwecken dient
    • der gefundenen Person wird signalisiert, dass ich nicht gekommen bin, um sie zu erschrecken.
    • an der Kenndecke hängt eine Glocke, die meinem Herrchen die Richtung anzeigt, wo ich bin, wenn er mich nicht mehr sieht.
    • Falls mich ein Jäger sieht, erkennt er an der Kenndecke, dass ich nicht wildere.
    • Bei Nacht wird an der Kenndecke oder am Hals noch ein Leuchtmittel befestigt, so dass er die Richtung sehen kann, in der ich mich bewege.
    • Im echten Einsatz haben wir inzwischen noch GPS-Geräte, die unseren Suchweg aufzeichnen, so dass man sehen kann, wo ich gesucht habe und ob vielleicht eine Ecke des Suchgebietes nicht abgedeckt wurde.
  • Der Prüfer teilt uns dann ein Suchgebiet zu, das wir absuchen sollen. Mein Herrchen erklärt dem Prüfer dann seine Suchstrategie und Vorgehensweise.
  • Bevor ich losgeschickt werde, prüft mein Herrchen die Windrichtung, um sicher zu sein, dass das Suchgebiet „geruchsmäßig“ auch abgedeckt wird. Wie er dies macht ist ihm überlassen. Es muss nur etwas sein, das die Windrichtung anzeigt. Die meisten haben Babypuder in der Tasche, mit der Sie die Windrichtung prüfen. Die verspielten benutzen dazu auch mal Seifenblasen. Ein Staffelmitglied schwört auf feine Daunen, die sich besonders lange in der Luft halten. Aber zum Üben ist dies zu teuer. Die Windrichtung muss man aber während der Suche immer wieder mal prüfen, da im Wald oft Turbulenzen sind und der Wind sich dreht.
  • Jetzt schickt mein Herrchen mich los. Für die Prüfung ist die abzusuchende Fläche typischerweise 200 x 150 Quadratmeter groß und die 2 Suchpersonen müssen innerhalb von 20 Minuten gefunden werden. Wenn der Prüfer es schwer macht, dann hat er nur eine Person versteckt und ich muss meinem Herrchen kommunizieren, dass ich sicher bin, dass es keine weitere Person mehr zu finden gibt.

Einen Unterschied zwischen Prüfung und Training gibt es: wenn ich in einem Training jemanden gefunden habe, dann bin ich sicher, eine Belohnung zu bekommen. Manche meiner Hundekollegen erwarten was zu fressen, andere sind glücklicher, wenn sie ihr Lieblingsspielzeug erwartet. Mir persönlich ist beides gleich lieb.

In der Prüfung aber gibt es gar nichts. Ich bin aber sicher, wenn wir nach der Prüfung zuhause sind, wird mich ein Festmahl erwarten. Die Prüfung für die Trümmer sieht ähnlich aus, allerdings werde ich ohne Kenndecke weggeschickt. Mit ihr könnte ich in den Trümmern an einem Moniereisen hängen bleiben, d.h. auf dem Bild hat Herrchen vergessen mir diese auszuziehen.

Auch muss ich noch selbstständiger arbeiten, da es Ecken gibt, wohin mein Herrchen mir nicht folgen kann.

Ein ganz besonderes Thema ist das Mantrailing. Dort führt mich mein Herrchen an der Leine und muss mich noch besser verstehen können als in der Flächensuche. Aber das ist umfangreiches Thema, von dem ich Euch vielleicht ein anderes Mal ausführlich erzählen kann. Es ist doch so unterschiedlich zur Flächen- und Trümmersuche, dass man sich als Hund entscheiden muss, was man will!

Ich hoffe, dass ich euch nicht zu sehr mit meiner Geschichte gelangweilt habe

und  dass ich bei einigen meiner Leser und ihren tierischen Freunden das Interesse geweckt habe, es mal selbst zu versuchen. Denn es macht „tierisch“ Spaß. Und wie ihr auf der Teamseite sehen könnt, habe ich es inzwischen geschafft: ich bin 3x in Fläche und 1x in Trümmer geprüft.

Und der Stolz, wenn die Staffel dann mal eine Suche mit einem Erfolg abgeschlossen, wiegt all den finanziellen und zeitlichen Aufwand auf, den man bis dahin erbracht hat. Unsere Staffel hat diesen Erfolg schon mehrfach gehabt und ich hoffe, dass ich – Filou – diesen Erfolg auch einmal haben werde.

Danken möchte ich meinen 3 Ausbilderinnen Judith, Manuela und Silvana, die ihr Bestes geben, mich auszubilden. Ein besonderer Dank gilt Judith, die fast all die tollen Fotos dieses Artikels geschossen hat.